Franziska Ostler und Hanna Janicki studieren Lehramt bzw. Erziehungswissenschaften an der Uni Augsburg. Sie begleiteten als Praktikantinnen die Alpenüberquerung 2018.
Durch unsere Studiengänge und wegen unserer zukünftigen Berufe war es für uns besonders interessant, die Alpenüberquerung 2018 zu begleiten. Vor der Tour haben wir uns die Frage gestellt, warum man ein solches Projekt an einer Schule anbieten sollte. Im Laufe der Tour konnten wir dann vielfältige Lernfelder und Chancen erkennen, die sich sowohl auf soziale Prozesse bezogen, als auch auf die Entwicklung persönlicher Stärken und eigener Interessen bezogen. Uns ist aufgefallen, dass der Fokus des Projekts auf die Erfahrungen in der Natur gerichtet war, während sportliche Aspekte und der Leistungsgedanke eine eher untergeordnete Rolle spielten.
Die persönliche Entwicklung wurde für uns deutlich in den gemeinsamen Reflexionen am Abend. Dort berichteten die Jugendlichen viel über ihre Erfahrungen beim Wandern und die eigene Wahrnehmung der Natur. Spannend war es für uns, wie viel die Jugendlichen während der Wanderung wahrgenommen hatten. Tagsüber erweckten die Schüler eher den Eindruck, hauptsächlich mit Spielen und Reden beschäftigt zu sein. Abends zeigte sich jedoch, dass alle unterwegs vielfältige Eindrücke gewonnen hatten. Besonderes Potential bot die Umgebung auch für die persönliche Auseinandersetzung mit der Klimaerwärmung. Ihr Ausmaß wurde deutlich, als wir das Berninamassiv mit seinen vielen Gletschern erreicht hatten, deren Rückgang in der Landschaft deutliche Spuren hinterlassen hat.
Die soziale Entwicklung beobachteten wir besonders in einigen Schlüsselmomenten, in denen die Schüler an ihre persönlichen Grenzen gerieten und sich dies dann in der gesamten Gruppe niederschlug.
Beispielsweise fiel dies auf, als nach einigen Tagen gemeinsam auf engstem Raum Spannungen zwischen Mädchen und Jungs auftraten und es zu einem Streit kam. Der Konflikt konnte in einem Gespräch geklärt werden. In den darauffolgenden Tagen hatten wir dann den Eindruck, dass die Schüler, weil sie gemeinsam den Konflikt bewältigt hatten, zu einer großen Gruppe zusammengewachsen waren und sich in der Folge dann zunehmend von den erwachsenen Betreuern abgrenzen wollten. Besonders deutlich wurde das Potential dieser Abgrenzung am letzten Abend. Die Jugendlichen sollten ohne Anleitung von uns das Abendessen organisieren, was zunächst nicht funktionierte. Wir vermuteten, dass sie sich sicher waren, wir Betreuer würden im Ernstfall (kein Abendessen) schon irgendwann eingreifen. Erst als wir nach langem Warten beschlossen hatten, zu dritt Essen zu gehen und somit den Schülern die gesamte Verantwortung
für ihr Abendessen zu überlassen, begriffen sie den Ernst der Lage und die Notwendigkeit, nun tatsächlich selbst aktiv zu werden. Als wir drei aus der Pizzeria zurück kamen, saßen die Jugendlichen bei einem 3-Gänge Menü an einem liebevoll gedeckten Tisch, und sogar die Küche war schon aufgeräumt. Die Stimmung war super und alle waren sehr stolz auf ihren gemeinsam geschaffenen Erfolg. Auch wir Betreuer waren begeistert und überrascht von dem Ergebnis und freuten uns mit den Schülern. Der letzte Abend konnte gemeinsam gefeiert werden.
Insgesamt hatten wir das Gefühl, je mehr Verantwortung wir Betreuern den Schülern übertragen hatten, desto eher konnte die Ernsthaftigkeit des Projekts erkannt werden und nicht nur als reines Spaßprojekt gesehen werden. Gerade hier liegt für uns ein großes Spannungsverhältnis und die Herausforderung für die Betreuer: Wie weit können und sollen wir uns zurücknehmen und wie viel Verantwortung sollen wir den Schülern selbst überlassen? Uns scheint: je mehr, desto besser.
Insgesamt hat uns die Tour mit den Schülern sehr viel Freude bereitet und sie war auch für uns eine große Bereicherung, sowohl fachlich als auch persönlich!