Elternseminar im Kinderhaus – Inspiration für zu Hause

„Wie unterstütze ich mein Kind zu Hause?“ – das war das Motto für ein Elternseminar neulich im Kinderhaus. Wir Eltern haben dabei viele Anregungen bekommen. Unter anderem, wie man die Umgebung zu Hause für sein Kind im Sinne von Montessori gestalten kann. Ich habe diesmal tatsächlich Tabula Rasa – und einen auf Marie Kondo bzw. Maria Montessori gemacht. Hier ein Erfahrungsbericht von einer Mutter, die irgendwann keine Lust mehr darauf hatte, ständig hinter den (weitgehend unbespielten!) Spielsachen ihrer Kinder herzuräumen: Tabula rasa, das heißt: Die Spielsachen, an die meine Kinder nicht komplett ihr Herz verloren haben, sind alle in den Keller gewandert. Und zwar, wichtig!, ohne dass die Kinder dabei waren. Für mich: ein ziemlich befreiendes Gefühl. Nie mehr auf Holz-Toasts aus der Spielküche ausrutschen. Nie mehr die Holz-Toasts in die Spielküche einräumen müssen. Nie mehr über den Holz-Toaster aus der Spielküche stolpern, der überall liegt, nur nicht in der Spielküche, die by the way eh schon lang keine Spielküche mehr ist, sondern Ablagestapel für Playmobilfiguren, Stofftiere, Bücher, Schleich-Pferde. Stattdessen: Zeit für Tabletts. Oder: für irgendwas, was die Funktion eines Tabletts hat. Kartons von alten Brettspielen zum Beispiel. Leere Film-Dosen. Alte Zigarrenschachteln. Die Tabletts habe ich nach und nach mit Material befüllt – mit Dingen, die bei uns versteckt in Schränken, Schubladen, im Vorratskeller lagen. Mein erstes Tablett: das Schuhputz-Tablett: mit Bürste, Schuhcreme, Tuch, Schwämmchen, fertig. Tablett 2: Das Sand-Tablett. Mit Sand aus dem Sandkasten, einem kleinen Rechen und Muscheln aus dem letzten Urlaub. Tablett drei: Garten-Tablett. Eine Schüssel weiße Bohnen, eine kleine Gartenschaufel, zwei Mini-Tontöpfe. Tablett vier: Schmuck-Tablett. Mit verschiedenen Ringen, Ketten, Haarklammern – und diversen Schmuckkästchen, alle unterschiedlich in Form und Größe. Tablett fünf: Geld-Tablett. Mit Geldbeuteln, die auf unterschiedliche Weise geöffnet werden können, mit Münzen, Scheinen, einer alten EC-Karte. In den unteren Etagen unseres Billy-Regals und in anderen Regalen habe ich Platz gemacht für diese Tabletts. So, damit sie gut erreichbar und einsichtbar für die Kinder sind. Dann noch, oben drauf: eine Trinkstation. Mit einem kleinen Krug, zwei Gläsern Wasser, bisschen dekoriert – fertig. An Stelle der Spielküche: 2 Hocker von Ikea, Schneidebretter drauf, Schüsseln, Messer, Gabel, Löffel – fertig ist die echte Küche. Marie Kondo / Maria Montessori / Ich-im-Aufräumwahn war fertig mit der Arbeit – und hatte nur eins: Muffensausen. Würde mich gleich ein Schrei-Konzert a la: „Mama, was hast du mit meinen Spielsachen gemacht?“ erwarten? Der Vorwurf: Du gemeine, herzlose, uns vollkommen traumatisierende Mutter? Die Kinder entdeckten sofort die Veränderung. Aber, Steinfall vom Mama-Herz: keine einzige Frage nach den Spielsachen im Keller. Stattdessen: Neugierde. Erstmal Wasser einschenken an der Trinkstation und Überblick verschaffen. Dann zieht Tochter 1 das Schuhputz-Tablett raus und fängt sofort an, ihre Schuhe blitzblank zu putzen. Tochter 2 schaut kurz zu, macht dann mit – bis ihre Schuhe wie neu glänzen. Und dann, ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr raus, dann nehmen sie doch tatsächlich die Sachen fürs Schuhputzen, stellen sie – unaufgefordert – wieder aufs Schuhputz-Tablett und räumen – nächster Wow-Effekt – dieses Tablett doch tatsächlich ins Regal zurück!!! Im Laufe der Wochen wurden – anders als die Spielsachen – tatsächlich alle Tabletts von meinen Kindern genutzt. Mal mehr, mal weniger ausgiebig. Manches Material tausche ich nach ein paar Tagen gegen anderes aus – Dinge aus dem Garten, Kleinzeug aus dem Bastelschrank, „Gerümpel“ aus dem Keller. Manche Tabletts begreifen die Kinder sofort. Manche sind zu schwierig, manche langweilen sie – mit manchen können sie sich ewig beschäftigen. Ich beginne, Spaß dabei zu haben, mir neue Sachen auszudenken und herauszufinden, was funktioniert. Und die Kinder bleiben interessiert, gespannt: Was gibt’s heute Neues? Irgendwann frägt mich meine 3-jährige-Tochter doch tatsächlich: „Kannst du mir eine Darbietung machen?“ Ich setze mich mit ihr an den Tisch, zeige ihr, wie sie mit Pipette, Wasser und Eier-Farben Farben mischen kann… Da unterbricht mich meine Sechsjährige mit den Worten: „Mama, du musst das langsamer machen. Und du darfst dabei nicht reden! Schau, ich zeig’s dir!“. Momentan gibt die Große der Kleinen Darbietungen – und ich, ich muss endlich mal nicht mitspielen. Das allerbeste: Es gibt fast keinen Stress mehr ums Aufräumen. Sie arbeiten mit ihren Materialien, stellen sie aufs Tablett, räumen es auf – fertig. Unsere Kinder fragen uns nicht mehr nach einem Glas Wasser, sie holen es sich selbst. Ihre Schuhe glänzen wie neu, die Bohnen sprießen bald und wir sind alle irgendwie entspannter zu Hause. Heute hat mich eine Freundin scherzhaft darauf angesprochen, wann denn die ersten Kinder zu uns „ins Kinderhaus“ kämen. Ja, mir geht’s auch so: Etwas seltsam, dass sich unser Haus gerade mehr und mehr in ein Kinderhaus No 2 verwandelt. Aber: Ich kann die Veränderung bisher wirklich nur empfehlen. Spielsachen haben wir übrigens auch weiterhin – die, mit denen meine Kinder immer schon gerne gespielt haben. Und sie benutzen sie nach wie vor. Aber: die Tabletts halt eben auch. Eine Kinderhausmutter